8. Dezember 2023
Eine Woche saßen wir beim Essen schweigend nebeneinander. Dann, am Ende des Meditationsseminars, als Reden wieder gestattet ist und das große Schnattern beginnt, komme ich ins Gespräch mit der hochbetagten, vornehmen Dame. Wie wir alle, hatte sie die Tage in Stille „auf dem Kissen“ verbracht, nun erzählt sie. Von ihrer langjährigen Meditationserfahrung. Vom frühen Tod ihres Sohnes, der Schüler eines berühmten Zen-Meisters gewesen sei. Von dem mächtigen Gong in einem spirituellen Zentrum, dessen Schallen sie immer voller Furcht an die Fliegerangriffe auf offener Landstraße während des Krieges erinnert habe. Und sie spricht von ihrem Mann, vor zwei Jahren ist er gestorben. Natürlich sei es zu Beginn eine harte Zeit gewesen, ein ganz neuer Lebensabschnitt hatte begonnen, in dem sie sich erst einrichten musste. Aber dann habe sie Kraft geschöpft aus täglichen Ritualen, welche die enge Verbundenheit mit ihrem Verstorbenen fortbestehen ließen. Jeden Morgen geht sie in den Garten und zündet die Kerze dort an. Gegen Ende jedes Abends erzählt sie ihrem Mann, was der Tag gebracht hat. Freunde und Weggefährten wüssten von dieser Verbindung und ließen ihn grüßen. Sie strahlt, sichtlich erfüllt von Freude und Zuversicht.